Das Drama nimmt weiter seinen Lauf …
Ein Blick auf die aktuelle Lage der Berliner Feuerwehr – vom BerlinBrennt e.V.
„…Die Berliner Feuerwehr fährt auf Verschleiß. …
… hat die Hauptstadt bald ein akutes Problem, das latent lebensbedrohlich ist. …
… Das wurde allerdings lange ignoriert …
… Personal wurde nicht eingestellt. Das rächt sich …
… Kann es sein, dass das viel gelobte Abfragesystem in der Leitstelle doch nicht so toll ist, wenn Rettungswagen zu absurden Einsätzen geschickt werden …
… Die Behördenleitung täte gut daran, ihren Mitarbeitern ein bisschen besser zuzuhören und nicht erst zu reagieren, wenn die Feuerwehr selbst ein Notfall ist.“
Diese Zitate sind Auszüge eines Artikels* der „Berliner Morgenpost“. Der gesamte Artikel liest sich zwar wie eine aktuelle Zustandsanalyse der Berliner Feuerwehr. Jedoch ist dieser bereits am 26. März 2018 erschienen und damit schockierende 7 Jahre alt.
Welche Unmengen an leeren Worthülsen und Aktionismus haben wir, die im Morgenpostartikel angesprochenen aber von den Verantwortlichen ignorierten Feuerwehrleute, in den zurückliegenden 7 Jahren ertragen müssen:
Man hat uns verstanden. … mehrmals sogar.
Man hat Verbesserungen versprochen. … mehrmals sogar.
Man hat sogenannte Code Reviews des viel gelobten Abfragesystems organisiert.
Man hat mehrfach die Alarmierungs- und Ausrückeordnung reorganisiert.
Man hat die Brandbekämpfung immer weiter gefährlich ausgedünnt und personelle Ressourcen in einen ausufernden Rettungsdienst gepumpt.
Am Ende des Tages hat es alles nichts gebracht. Die Einsatzzahlen steigen weiterhin unaufhörlich. Übrigens korrespondierend mit dem beruflichen Frust der Kollegenschaft. In purer Verzweiflung versuchte sich die Behördenleitung im September 2024 sogar in sinnfreier Semantik. Die täglichen (und in der öffentlichen Wahrnehmung unschön auffallenden!) Ausnahmezustände wurden einfach dadurch beendet, dass man diese in „Auslastungsstufen“ umbenannte. Dass diese Auslastungsstufen allerdings ebenfalls täglich ausgerufen werden, tut dem Taschenspielertrick keinen Abbruch und es verbleibt im Kern ein organisiertes Chaos. Oder wie es so treffend auf den Feuerwachen erfasst wurde: „Raider heißt jetzt Twix – sonst ändert sich nix!“
Aber die Verantwortlichen dachten sich dann wohl, dass könne man ruhig wiederholen und man zauberte den nächsten Trick aus der Tasche: Am 25. März 2025 wurden Notfallkategorien für die Beschickung von RTW‘s eingeführt und damit die gesetzlich vorgeschriebenen Eintreffzeiten de facto abgeschafft. Wir machen jetzt ganz offiziell einfach fast alles, nur nicht mehr sofort! Die Kategorie 1 wird sofort beschickt und in der Kategorie 5 haben die Retter nunmehr 22 Minuten Zeit. Unter diese Kategorie fallen spröde Lippen, Zahnschmerzen und die „beliebten“ 6 Wochen alten Rückenbeschwerden. Hier stellt sich schlichtweg die berechtigte Frage: warum müssen wir überhaupt dorthin fahren?!?
Im Zuge der neuerlichen Sparbeschlüsse des Berliner Senats wurde seitens des Personalrates der Berliner Feuerwehr darauf abgestellt, dass wir uns nur noch um die eigentlichen Kernaufgaben kümmern können. Dem stimmen wir zu! Die oben erwähnten spröden Lippen, das ausgerissene Kopfhaar, der eingerissene Fingernagel oder ganz allgemein die hausärztliche Versorgung der Berliner Bevölkerung zählen eben nicht zu unseren Kernaufgaben!
Wir als BerlinBrennt e.V. stimmen der Aussage des Behördensprechers in einem Artikel der Berliner Zeitung vom 28. März 2025 zu, „… dass es einen erhöhten Bedarf an Versorgung gibt… …aber zugleich diese Versorgungseinrichtungen im Gesundheitssystem maximal ausgelastet sind…“ Nur kann es eben nicht zu den Kernaufgaben des Rettungsdienstes der Berliner Feuerwehr gehören, diese strukturellen Mängel als Ergebnis politischer Entscheidungen auszugleichen.
BerlinBrennt e.V. fordert sowohl von den Verantwortlichen der Berliner Feuerwehr als auch von der Politik endlich eine „Zeitenwende“ Dazu bedarf es keines „Vielfachwumms“! Sondern dazu muss man endlich an die Ursachen gehen, statt weiterhin nur an den Symptomen herumzudoktern: Wir fordern die Abschaffung des ursächlichen Abfragesystems SNAP, eine koordinierte Zusammenarbeit mit den Krankenversicherungen, eine unbürokratische, auch nicht protokollgestützte, Abgabe der unnötigen Krankentransporte an die dafür zuständigen Krankentransportunternehmen und eine Rückbesinnung der Behörde auf die Grundsätze einer Feuerwehr: Löschen. Retten. Bergen.
Seit Jahresbeginn bewältigen die Kollegen unter dem Blick der Politik monatlich immer neue Höchsteinsatzzahlen. Der Sommer und damit die Ferienzeit haben noch nicht einmal begonnen, aber die Touristen haben die Stadt Berlin bereits auf dem Urlaubsreiseplan. Aller Voraussicht nach wird es wieder einmal, wie seit Jahren, vorne und hinten nicht reichen.
Seit 2018 ist viel passiert – nur nie das Richtige!
Wir sind gespannt, mit welchem medienwirksamen Aktionismus man dem Drama diesmal begegnen wird …
BerlinBrennt e.V.
* Der ganze Artikel:
„Das Berliner Rettungssystem braucht dringend eine Reform, meint Alexander Dinger.
Die Berliner Feuerwehr fährt auf Verschleiß. Wenn das Notfallrettungssystem nicht kollabieren soll,
braucht es dringend eine Reform. Gelingt das nicht, hat die Hauptstadt bald ein akutes Problem, das latent lebensbedrohlich ist. Allerdings kommt die aktuelle Situation nicht überraschend, sondern hat sich über Jahre aufgebaut. Die eigentliche Ursache für die hohe Belastung der Feuerwehr ist sogar positiv: Berlin boomt und wächst. Dadurch steigen aber auch die Alarme. Das wurde allerdings lange ignoriert. Neues Personal wurde nicht eingestellt. Das rächt sich. Zwar hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) die Not der Retter erkannt und neues Personal, eine bessere Besoldung, den Abbau des Beförderungsstaus und die Anschaffung moderner Technik auf den Weg gebracht. Das kann aber nur der Anfang sein und ignoriert das eigentliche Problem: strukturelle Mängel. Hier müssen sich die hoch dekorierten Entscheidungsträger bei der Feuerwehr und die Spitzenbeamten in den Verwaltungen die Frage gefallen lassen, ob man hier nicht schon eher hätte reagieren können, wenn man auf seine Mitarbeiter gehört hätte. War es nicht möglich, die Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) auszubauen? Warum konnte der Krankentransport bislang nicht neu organisiert werden? Kann es sein, dass das viel gelobte Abfragesystem in der Leitstelle doch nicht so toll ist, wenn Rettungswagen zu absurden Einsätzen geschickt werden, nur weil sich dahinter vielleicht doch ein Notfall verbergen könnte? Der Frust über die aktuelle Lage entlädt sich auch im Internet. In Videos und Beiträgen machen Feuerwehrleute ihrem Ärger Luft. Die Behördenleitung täte gut daran, ihren Mitarbeitern ein bisschen besser zuzuhören und nicht erst zu reagieren, wenn die Feuerwehr selbst ein Notfall ist.“
(https://www.morgenpost.de/meinung/article213852465/Berliner-Feuerwehr-Ein-Kollaps-mit-Ansage.html)